Gute Nacht

Die postmoderne Massengesellschaft neigt dazu, die Identitäten einzelner Menschen einerseits zu verabsolutieren und andererseits aufzulösen.

Der sogenannte Individualismus ist das Mantra der neoliberalen Weltanschauung. Das Völkerrecht wird schrittweise durch Interventionskriege unterhöhlt, die auch und gerade im Namen der Demokratie und der Menschenrechte geführt werden.

Unter Menschrechten werden grundsätzlich die Rechte eines einzelnen, individuums verstanden. Die Demokratie manifestiert sich nicht in gemeinschaftlichen Aktionen einer Gruppe oder eines ganzen Volkes sondern wird auf die Wahlhandlung voneinander unabhängiger Einzelner in eigens dafür konstruierten Kabinen reduziert.

Nach der Wahl herrschen die Gewählten und gerade nicht das Wahlvolk, wie der Begriff „Demokratie“ irrtümlicher Weise suggeriert.

Das verabsolutierte Individuum, dessen Freiheit im Wesentlichen als Wahlfreiheit verstanden wird, als Freiheit, sich für ein Produkt bei Amazon- oder für eine Partei bei der Bundestagswahl zu entscheiden, verliert mehr und mehr seine soziale Identität.

Allein die individuelle Entscheidung des Einzelnen zählt, nicht die Meinung seiner Familie, seines Vereins, seiner Betriebsgruppe oder seiner Gewerkschaft.

Die westliche Gesellschaft raubt den Menschen ihre soziale Identität.

Alle werden zu individuellen Teilnehmern einer globalen Massenkultur,  deren Freiheit mehr und mehr auf die Handhabung einer Fernbedienung und eines Smartphones reduziert wird. Kulturelle und regionale Unterschiede verschwinden und sollen verschwinden.

Im Augenblick erleben wir, wie dieses Pendel, das die westliche Weltanschauung extrem auf die Seite des Individualismus gedrückt hat, zurückschlägt und zurückschlagen muss.

Kaum jemand in der Wissenschaft bestreitet, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Nur auf Grund seiner kooperativen Fähigkeiten konnte der Homo sapiens Zivilisationen, Kulturen und technische Innovationen hervorbringen.

Beraubt man nun die Menschen ihrer sozialen Identitäten, ihrer Familien, ihrer regionalen Verwurzelung, ihrer Religion und ihrer weltanschaulichen Heimat, wie das zur Zeit geschieht, werden sie nach neuen Identitäten und neuen Gruppen suchen, innerhalb derer sie sich verorten können.

Identität entsteht durch Abgrenzung. „Ich bin nicht so wie die anderen.“ Eine solcherart entwurzelte Gesellschaft ist anfällig für jeden Wind, aus welcher Richtung er auch immer wehen mag.

Besonders verführerisch sind in diesem Zusammenhang negative Identitäten. Kollektiv geteilte Feindbilder stiften neue Gruppenzugehörigkeiten.

Das ist einer der Gründe warum Rassismus religiöse und ethnische Konflikte weltweit auf dem Vormarsch sind.

Nun könnte man glauben, dass sei in unerwünschter Nebeneffekt einer an sich guten Idee.

Das Gegenteil ist richtig. Weder ist der Neoliberalismus und der damit einhergehende Individualismus eine wirklich gute Idee noch ist der daraus folgende Ethnozentrismus und Rassismus lediglich ein Schönheitsfehler oder Kollateralschaden.

Ethnozentrismus und Rassismus sind trotz gegenteiliger Beteuerungen gewolltes Kalkül in der Geostrategie der „Einzigen Weltmacht“, wie sich Zbigniew Brzezinski in seinem gleichnamigen Buch gerne ausdrückt.

Ethnische und religiöse Konflikte werden weltweit geschürt und instrumentalisiert um die gleichen Eliten an der Macht halten, die auch das Mantra der Individuellen Freiheit zu jeder vollen Stunde in den sogenannten „Nachrichten“ herunterbeten lassen, weil wir uns nach ihnen richten sollen.

Gute Nacht.

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